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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 25.07.2008


Nanny Diaries – von Shari Springer Berman und Robert Pulcini
Anna-Lena Berscheid

"Mary Poppins" war gestern. Dass die Arbeit als Kindermädchen weniger einem Traumjob gleicht, lehrt diese Komödie mit der wunderbaren Scarlett Johansson in der Hauptrolle. Ab 14.08.08 im Kino.




Annie Braddock (Scarlett Johansson) hat gerade das College abgeschlossen. Ihre große Leidenschaft gilt der Anthropologie, ihre Mutter Judy (Donna Murphy), die ihr Leben lang gearbeitet hat, um der Tochter eine gute Ausbildung zu finanzieren, plant für Annie hingegen eine Karriere im New Yorker Finanzwesen.

Doch dieser Plan scheitert schon beim ersten Vorstellungsgespräch. Der Aufforderung, sich selbst zu beschreiben, kann Annie nicht nachkommen. Sie weiß nicht, wer oder was sie ist. Fluchtartig verlässt sie das Gespräch und sieht sich schon als Landstreicherin im Central Park enden.

Dieses Schicksal erspart ihr jedoch der kleine Grayer (Nicholas Reese), den Annie geistesgegenwärtig vor einem unaufmerksamen Fahrradfahrer rettet. Diese Heldentat veranlasst Grayers Mutter, die viel beschäftigte High Society Lady Mrs. X (Laura Linney), Annie als Kindermädchen anzuwerben. Um ihrer Heimat New Jersey und dem Regiment der Mutter zu entfliehen sagt Annie zu – und bezieht kurz darauf ein winziges Zimmer in der herrschaftlich-prunkvollen Wohnung der Familie X in der Upper Eastside. Während Mrs. X sich allen möglichen Aktivitäten widmet und um die Aufmerksamkeit ihres umtriebigen Ehegatten (Paul Giamatti) buhlt, hat sie keine Zeit für den eigenen Sohn. Annie wird nicht nur zur Nanny, sondern auch zur Ersatzmutter.

Doch Grayer macht es seiner neuen Nanny zunächst nicht leicht. Nicht selten versetzt er Annie in peinliche Situationen und droht, jeden ihrer Fehler zu verpetzen. Aber Annie lernt nicht nur, dass der Job eines Kindermädchens 24 Stunden Einsatz fordert. Sie gewinnt auch Grayers Vertrauen und es entwickelt sich eine innige Freundschaft. Von seinen Eltern emotional vernachlässigt klammert sich Grayer regelrecht an seine Nanny. Doch die Schikanen von Mrs. X, das weiß Annie recht bald, hält sie nicht lange durch. Und dann kommt auch noch die Liebe in Form von "Harvard-Hottie" (Chris Evans) ins Spiel. Ein Umstand, der Annie so gar nicht in den Kram passt.

Das Besondere an "Nanny Diaries" ist die Liebe zum Detail in Ausstattung und Umsetzung. Neben den herrlich komischen Szenen zu Anfang, in denen Annies Alltagsbeobachtungen in ihrer Phantasie zu Ausstellungsobjekten der anthropologischen Abteilung im Museum of Natural History werden, sind immer wieder kleine Anspielungen auf "Mary Poppins" versteckt: So hat Annie die Melodie "Supercalifragilistic" als Handyklingelton.

Zur Hauptdarstellerin: Scarlett Johansson hat sich in den vergangenen zehn Jahren als eine der Nachwuchsschauspielerinnen in Hollywood etabliert. Sie ist BAFTA Gewinnerin und wurde bereits viermal für den Golden Globe nominiert. Für ihre Darstellung in Sofia Coppolas zweitem preisgekrönten Film "Lost in Translation" wurde sie von der Kritik mit Lobeshymnen überschüttet und gewann als beste Darstellerin die Coppa Volpi auf dem Filmfestival Venedig. Scarlett Johansson spielte die Titelrolle in Peter Webbers "Das Mädchen mit dem Perlenohrring", das die Lebensgeschichte des Malers Johannes Vermeer (Colin Firth) erzählt. Zu ihren aktuelleren Filmen gehört Woody Allens "Scoop – Der Knüller", Brian de Palmas "Black Dahlia" und Christopher Nolans "Prestige – Die Meister der Magie". Zuletzt war sie mit Natalie Portman und Eric Bana in "Die Schwester der Königin" zu sehen.

Ãœber ihre Rolle als Annie Braddock sagt Scarlett Johansson im Interview:
"Annie ist eine junge Frau, die gerade frisch von der Uni kommt. Es liegt ziemlich viel Erfolgsdruck auf ihr. Sie weiß nicht, was sie wirklich will und befindet sich in der Schwebe. Ihr geht es wie vielen jungen Amerikanern heutzutage. Annie übernimmt die Stelle als Kindermädchen, weil sie sich nicht der Realität stellen möchte, vielleicht eine Arbeit annehmen zu müssen, die sie nicht mag. Die Gelegenheit bietet sich ihr an und sie kann sie nicht ungenutzt vorübergehen lassen. So kann sie alle ihre Probleme erstmal links liegen lassen. Ich finde, sie ist eine gute Beobachterin, betrachtet die Welt um uns herum. Es ist, als ob sie die Figuren analytisch prüft. Sie sammelt Fakten und zieht daraus ihre Schlüsse."

AVIVA-Tipp: "Nanny Diaries" ist eine Komödie, deren Gags stets zünden. Im Film werden jedoch auch ernstere Töne angeschlagen, indem die prekäre Situation vieler Kindermädchen angesprochen wird. Diese müssen einen 7 Tage Job ausüben, um sich und ihre Familie ernähren zu können. Nebenher wird die Geschichte einer scheiternden Ehe erzählt – die Verbissenheit, mit der Mrs. X die Untreue ihres Gatten übersieht, ist ergreifend. Leider gelingt die Gratwanderung zwischen Slapstick und Drama nicht immer, sodass die Ernsthaftigkeit einiger Szenen nicht bei der Zuschauerin ankommt. Doch die tollen weiblichen Schauspielerinnen – allen voran Laura Linney als verzweifelte High Society Lady, die viel zu spät erst merkt, wo ihr größtes Glück zu finden ist – lassen über manche Unzulänglichkeit des Drehbuchs und das Hollywood-Standard-Ende hinwegsehen.

Nanny Diaries
USA, 2007
Verleih: Central Film
Drehbuchadaption und Regie: Shari Springer Berman und Robert Pulcini
DarstellerInnen: Scarlett Johansson, Laura Linney, Paul Giamatti, Chris Evans, Alicia Keys
Dauer: 106 min.
Kinostart: 14. August 2008
www.nanny.centralfilm.de


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Beitrag vom 25.07.2008

AVIVA-Redaktion